Zukunftswerkstätte Schwarzer Monolith
Der Turm im NOI Techpark ist Symbol für den fruchtbaren Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart mit dem Potential, zu einem Wahrzeichen für die Stadt zu werden.
Das Jahr 2007 bildete für den damals 29-jährigen Mariusz Waras eine Zäsur: Der vielversprechende Künstler aus Polen gestaltete in Bozen den Wasserturm des ehemaligen Aluminium-Werks in ein urbanes Kunstwerk um. Ein Symbol für den fruchtbaren Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart mit dem Potential, zu einem Wahrzeichen für die Stadt zu werden. Waras, mittlerweile international bekannt, hauchte dem Turm mit seinem Graffiti neues Leben ein, zugleich erwachte auch dessen Umgebung aus dem Dornröschenschlaf. Wo in den 1930er Jahren noch Metallarbeiter ihren Lohn im Schweiße ihres Angesichts verdienten, gehen heute Wissenschaftler und innovative Unternehmer ein und aus. Aus dem Aluminiumwerk, das zu seiner Blütezeit im Zweiten Weltkrieg 1.700 Arbeiter an 560 Öfen beschäftigte und 22.000 Tonnen Aluminium im Jahr – zwei Drittel der damaligen Gesamt-Produktion – erzeugte, ist ein 12 Hektar großer Innovationspark geworden: der NOI Techpark. Auf 750.000 Kubikmeter Raum soll hier künftig Innovation und Forschung betrieben werden. Das rationalistische Gebäude, das ehemals der Aluminiumproduktion diente, wurde vom Planungsteam – einer internationalen Kooperation zwischen Claudio Lucchin & Architetti Associati und der italienischen Niederlassung von Chapman Taylor – mit einer schwarzen Hülle in ebendiesem Material überzogen. Es steht sinnbildlich für die Green Region Südtirol. Nicht umsonst hat der Green Buildung Council dem NOI Techpark sein Qualitätssiegel LEED für die energie- und umweltfreundliche Planung des gesamten Areals verliehen. Die erste Auszeichnung dieser Art in Europa und die zweite weltweit. Im NOI Techpark findet nicht nur Innovation und Forschung statt. Hier treffen sich auch Studenten und Wissenschaftler, um nach der Arbeit Basket zu spielen, neue Ideen in den Coworking-Räumen zu entwickeln, gemeinsam am Campus zu essen und – in naher Zukunft – die eigenen Kinder in den Betriebskindergarten zu bringen, der 2019 eröffnen wird. Hier ist Platz für internationale Tagungen, die helle Köpfe aus den verschiedensten Disziplinen nach Bozen locken: von Big-Data-Informatik über nachhaltige Architektur bis hin zu Innovation in der Lebensmittelindustrie und industriellen Roboter-Anwendungen. Auf diesem fruchtbaren Nährboden entstehen neue Ideen dank rund 40 Start-ups, über 20 Technologiebetrieben und sechs Forschungsinstituten (Unibz, Laimburg, Eurac Research, KlimaHaus Agentur, Fraunhofer Italien und Eco-research), die 30 hochspezialisierte Labors (unter ihnen jene der Landesumweltagentur) in Südtirols Aushänge-Sektoren betreiben: Alpine Technologien, Umwelttechnologien, Lebensmitteltechnologien und ICT/Automatisierung.
Auch die Meisterschule des Wirtschaftsverbandes Handwerk und Dienstleister lvh.apa, das Institut für Biomedizin der Eurac und die Fakultät für Ingenieurswesen der Freien Universität Bozen werden hier ihren Sitz haben, letztere beiden ab 2022. In den Biomedizinlabors werden die Wissenschaftler unter der Leitung von Peter Pramstaller untersuchen, wie genetische Veranlagung, Umweltfaktoren und individueller Lebensstil die Entwicklung gewisser Krankheiten beeinflussen können. Die Fakultät für Ingenieurswesen wird ihren Fokus hingegen auf die Elektronik richten und wie sich akademische Forschung und betriebliche Entwicklung am besten miteinander verbinden lassen. Hautnah erleben, was Innovation heißt, kann man bei einem Spaziergang durch das Areal in Bozen Süd: Im Schnitt 500 Besucherdelegationen aus dem In- und Ausland, Schüler und Studenten sowie Interessierte – werden im Monat gezählt. Allein in den ersten sieben Monaten dieses Jahres – von Jänner bis Juli 2018 – verzeichnete der NOI Techpark 3.500 Besucher, davon circa 1.000 Schüler aus Südtirol. „Die Anfragen nehmen laufend zu, sodass wir mit den Bildungsdirektionen Treffen organisiert haben, um die Schüler über den Technologiepark, seine Projekte und Forschungs- und Arbeitsmöglichkeiten zu informieren“, erklärt Sepp Walder, Leiter des Bereichs Services&Monitoring im NOI Techpark.
Besucht man die alten, neu mit Leben gefüllten Betriebshallen, stößt man auf Unternehmen wie Thimus, das anhand der Neurowissenschaften Verbraucherwünsche erfüllen will, Mirnagreen, das die entzündungshemmenden Eigenschaften von Micro-RNA aus Pflanzenextrakten für Krankheiten wie Diabetes oder Krebs nützen will, oder Mav-Micro Aerial Vehicles, ein Spin-off-Unternehmen des Politecnico Turin, das sich mit Drohnen und ihrer industriellen Anwendung beschäftigt. Das Thema Energie steht im Mittelpunkt der Tätigkeit gleich mehrerer Tech-Unternehmen: BHI zielt darauf ab, Energie aus Abfall zu gewinnen, DRIWE bietet Komplettlösungen im Bereich Stromproduktion und Stromwirtschaft, Kofler Energies ist führend im Bereich Energieversorgungsstrategien der Zukunft, oder Be-Smart, das sich mit Lösungen für ein intelligentes Ressourcenmanagement und eShare befasst. Dass sie alle ihren Sitz in Bozen haben, so wie auch zahlreiche internationale Tech-Unternehmen, ist auch ein Verdienst des Business Incubator der IDM, des ehemaligen TIS Innovation Park, der diesen Herbst auf 20 Jahre Tätigkeit zurückblicken kann. Seit 1998 wurden 137 Unternehmen in ihrer Entwicklung begleitet. 85 Prozent davon sind fünf Jahre nach ihrer Gründung noch am Markt aktiv. Die 106 Unternehmen, die sich vom Start-up zum konsolidierten Betrieb gemausert haben, haben 2017 einen Umsatz von 82 Millionen Euro erzielt, 415 Personen beschäftigt und mit 24 Patenten gearbeitet. Allein 2017 hat der Business Incubator 31 Start-ups begleitet und die Ansiedelung von neun neuen Unternehmen unterstützt, mit einem Gesamtumsatz von 3,6 Millionen Euro und 143 Beschäftigten. Im November 2017, einen Monat nach der Eröffnung des NOI Techparks, wurde auch der Idea Space seiner Bestimmung übergeben. „Hier inmitten des NOI finden angehende Gründer den idealen Rahmen, um sich mit anderen Start-ups, Forschungs- und Universitätsinstituten auszutauschen und um ihre innovativen Business-Ideen in erfolgreiche Start-ups zu verwandeln“, erklärt Petra Gratl, Leiterin des Business Incubator von IDM. „Neben dem nötigen Raum bieten wir auch Experten-Tutorials und Workshops zu verschiedenen Themen, Kontakte zu potentiellen Partnern und wir organisieren Events, um den Austausch in der Community zu fördern“, ergänzt Gratl.
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