Kein Publikum, strenge Sicherheitsbestimmungen, kontinuierliche Testungen: Der Spitzensport hat versucht, der Pandemie standzuhalten. Könnte dies den Weg für ein Markenzeichen "Südtirol" bereiten?

18. Februar 2020: Dorothea Wierer triumphiert in Antholz. Es ist das zweite Gold bei einer Weltmeisterschaft, die die Weltklasse-Biathletin zuhause bestreitet und die nicht nur in Südtirols Sportgeschichte eingehen wird. In den Tagen der Biathlon-Weltmeisterschaft in Antholz ist das Coronavirus bereits Titelthema der Zeitungen. Es scheint aber noch weit weg, 8500 Kilometer weit, in Wuhan, China. Dem ist nicht so. Zu diesem Zeitpunkt breitet sich das Coronavirus in Europa aus: Am 21. Februar 2020 wird in Italien der erste auf das Coronavirus positive Test an einem Patienten gemeldet. Am 25. Februar kommt das Virus in Südtirol an. Und es verändert unser aller Leben. Auch jenes derer, die Sport treiben, und derer, die Sport veranstalten. Elf Monate später, am 21. Januar 2021, kehrt der Weltklasse-Biathlon in die Antholzer Südtirol Arena zurück: Aber alles ist völlig anders als im Jahr zuvor. Gab es 2020 noch 20.000 Zuschauende, blieben die Tribünen nun leer. Einige Fans haben 25 Euro bezahlt, um mit ihrem persönlichen Foto auf der Tribüne vertreten zu sein. Aber die Zelte fehlen, die Musik, das Bier und der Geruch nach Grillwürstchen ebenso wie die Gastfreundschaft auf den Höfen. Der Spitzensport mit seinen Athletinnen und Athleten lebt und bewegt sich in einer „Blase“, getestet, überwacht und isoliert, im Gegensatz zum Breitensport, der lahmgelegt ist. Trotzdem wurden in Südtirol 13 Weltcup-Veranstaltungen in Wintersportdisziplinen ausgetragen. Zudem wurden die gesamtstaatlichen Sportbewerbe und Meisterschaften – beispielsweise im Eishockey oder Fußball, im Handball, Volley oder Basket – fortgesetzt.

Antholz, Gröden und Alta Badia

Die sehr strengen Sicherheitsprotokolle der internationalen alpinen Ski- und Biathlonverbände bestimmen den Betrieb. Es gilt, so viel wie möglich zu testen. Die Hauptdarsteller bewegen sich in der sprichwörtlichen Käseglocke. Oder besser gesagt, drei Käseglocken, die aus dem Italienischen übertragen auch als „Blasen“ bezeichnet wurden. „Nach Anordnung des FIS haben wir drei Blasen geschaffen“, erklärt Andy Varallo, der Präsident des Organisationskomitees von Alta Badia, „eine rote für die Teams, eine gelbe für die Medien und eine blaue Blase für die Organisatoren. Diese drei Gruppen dürfen nicht miteinander in Kontakt kommen, weder auf der Strecke oder dem Zielbereich noch bei den Aufstiegsanlagen oder den Hotels. Ähnlich war es in Antholz mit dem Biathlon, wo ebenfalls sehr strenge Regeln beispielsweise auch für die Medien galten: Nur 30 Akkreditierungen waren möglich, bei rund 200 Akkreditierungsanfragen. Und für jede Anreise – ob zu den Ski-Weltcuprennen in Gröden oder im Gadertal oder den Biathlonbewerben im Antholzertal – war ein negativer Coronavirus-Test, der nicht älter als 72 Stunden war und auf eine FIS-Plattform hochgeladen werden musste, Voraussetzung. Weitere Antigen-Tests wurden dann während des Aufenthalts durchgeführt. Möglich machte diese Testungen die Zusammenarbeit zwischen Sanitätsbetrieb, Bevölkerungsschutz und Hilfsorganisationen wie dem Weißen Kreuz, den vielen Freiwilligen, den Organisatoren, Technikern, Fachleuten und Athleten. Über 2500 Tests wurden in Gröden und im Gadertal durchgeführt, dabei wurden wenige asymptomatische Infizierte entdeckt und sofort isoliert. Laut Rainer Senoner, dem Präsidenten des Organisationskomitees der Saslong-Abfahrt sind in 20 Tagen dreimal Freiwillige und Mitarbeitende getestet worden, wobei der einzige positive Test, der problematisch war, einen slowenischen Zeitnehmer betroffen habe: „Wir haben sofort reagiert und das gesamte Team ausgetauscht. In Antholz hingegen präsentierte sich die Internationale Biathlon Union mit einem eigenen Labor, das sowohl die Kader als auch die Medienvertretenden PCR-Abstrichen unterzog. Organisatoren, Freiwillige und Mitarbeitende wurden von Sanitätsbetrieb und Weißem Kreuz getestet. „Schon in der Woche vor der Veranstaltung“, informiert Generalsekretärin Erika Pallhuber, „haben wir uns alle testen lassen. So haben wir 22 Positive herausgefiltert, die lange vor den Rennen isoliert wurden und somit mit niemandem in Kontakt gekommen sind.“ In Antholz wurden insgesamt 2000 Tests durchgeführt: 1100 von der IBU und die anderen 900 von den Südtiroler Gesundheitsdiensten.

 

HC Bozen und FC Südtirol

Viel Sport war in den vergangenen Corona-Zeiten nicht möglich. Doch die beiden Südtiroler Vereine mit den größten Fangemeinden, der Hockey Club Bozen und der FC Südtirol/Alto Adige bereiteten auch in dieser Zeit ihren Anhängern spannende und interessante Spiele, die allerdings nur zeitweise und eingeschränkt an Ort und Stelle mitverfolgt werden konnten. Für die Füchse begann die Eishockey-Liga gut, zwischen September und Oktober infizierte sich fast die gesamte Mannschaft: Nur vier der 25 Spieler blieben verschont, da sie entweder verletzt oder noch nicht zum Team gestoßen waren. „Zu Beginn der Meisterschaft“, erklärt Geschäftsführer Dieter Knoll, „konnten 1000 Zuschauer ins Stadion kommen, unter Einhaltung der Abstände, mit Masken und Fiebermessung. Dann hat sich alles geändert.“ Normalerweise belaufen sich die Einnahmen an den Eisstadionkassen auf eine bis eineinhalb Millionen Euro. Man kann sich also vorstellen, welche Auswirkungen die „geschlossenen Stadien“ auf einen Verein wie den HCB haben. „Ein Aderlass“, sagt Knoll. „aber wir machen mit der Unterstützung und dem Vertrauen unserer größten Sponsoren weiter.“

Der Geschäftsführer des FC Südtirol, Dietmar Pfeifer, unterstreicht, dass „wir dank der Arbeit der vergangenen Jahre unsere 170 Sponsoren halten konnten, die uns auch im Moment der größten Schwierigkeiten nicht im Stich gelassen haben“. Aber welche Sicherheitsprotokolle gelten im Profi-Sport? Im Fußball sind Antigen-Tests für die gesamte Mannschaftsgruppe (35 Personen) vorgesehen, und zwar 48 Stunden vor jedem Spiel, sowie serologische Tests, die alle zwei Wochen durchgeführt werden. Im Sportzentrum Rungg herrscht Maskenpflicht für die Spieler, die auf vier Umkleidekabinen aufgeteilt sind, wobei die Zu- und Ausgänge genau definiert wurden. Der einzige Infizierte war bisher Fabian Tait. „Wir haben zeitweise alle zwei Tage getestet, um das Virus so weit wie möglich zu isolieren, und das ist uns gelungen“, erklärt Dietmar Pfeifer. Um Kontakte zur Außenwelt zu vermeiden, hat der FC Südtirol einen eigenen Koch engagiert, der jeden Tag das Mittagessen für die Spieler zubereitet, die ihr soziales Leben auf das Spielfeld und ihr Zuhause beschränken müssen. Auch der HC Bozen verpflichtet über ein internes Protokoll die Spieler zu Kontakt- und Bewegungseinschränkung. „Einkaufen und Spazierengehen sind erlaubt“, erklärt Knoll, „aber ohne Übertreibungen. Die Spieler müssen mit gutem Beispiel vorangehen.“ Die vom Verband auferlegten Regeln sehen jede Woche einen Antigen-Test vor, und zwar nicht nur für Spieler und Personal, sondern auch für alle, die am Spielbetrieb beteiligt sind, wie z. B. die Verantwortlichen für die Bänke und die Zeitnehmer. Ein negativer Abstrich am Tag vor jedem Auswärtsspiel ist der Freibrief für den Sitz im Mannschaftsbus. Schutz ist auch das Leitmotiv im Umkleidebereich, wo mannschaftsfremde Personen keinen Zugang haben und Räume, Duschen und Geräte täglich gereinigt werden. So hofft man, neue Infektionen zu vermeiden, die ein ganzes Sportjahr zunichtemachen könnten. „Wir sind verpflichtet, auf das Feld zu gehen, wenn mindestens 13 Spieler und 1 Torwart nicht vom Virus betroffen sind“, erklärt Pfeifer – allerdings ohne Rücksicht auf mögliche Verletzungen oder Disqualifikationen.

Südtiroler Gütesiegel für Sportveranstaltungen

Doch was kann der Sport aus dieser Zeit für sich lernen und gewinnen? Was Großveranstaltungen in Südtirol angeht, so wäre die Einführung ein Südtiroler Gütesiegel für Sportgroßveranstaltungen eine Perspektive. Gespräche über eine Vernetzung der Veranstalter großer Sportevents wurden im vergangenen Sommer aufgenommen. Im Austausch bester Praktiken der einzelnen Organisatoren, aber auch in einem gemeinsamen Einkaufsmanagement wurden erhebliche Einsparmöglichkeiten ausgemacht. Dies sei wichtig, weil die Organisation eines sportlichen Großereignisses ohne Publikum mit hohen Kosten und geringen Einnahmen verbunden ist. Während Alta Badia die coronabedingten Mehrkosten (Sicherheitsprotokolle, Logistik usw.) auf fast 100.000 Euro beziffert, schließt Antholz das Jahr bei einem Budget von 1,8 Millionen Euro mit einem Minus von 400.000 ab, während das Minus in Gröden etwa 200.000 Euro beträgt. Im Eishockey hatte die Pandemie neben dem Minus bei den Eintritten positive Auswirkungen auf den Spielerkauf. „Wegen der Verunsicherung sind die Gehälter auf dem Spielermarkt drastisch gesunken“, weiß Dieter Knoll, „mit denselben Kosten wie 2019/20 konnte ich ein viel stärkeres Team aufstellen, eines der stärksten seiner Geschichte.“ Und im Fußball? Auch hier werden Wirkung und Bedeutung des Stadions ab- und die Medienabhängigkeit zunehmen. „Sichtbarkeit ist fundamental“, gibt Pfeifer zu, „alle unsere Spiele sind live im Internet oder auf Sky Sport zu sehen. Das Spiel gegen Mantua haben 62.000 Fans mitverfolgt. Das sind wichtige Zahlen, an denen wir auch im Hinblick auf das Sponsoring arbeiten müssen.“

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