Wie aus einem Konflikt ein Modell des Zusammenlebens entstanden ist.

Es ist eine seitenlange rechtliche Regelung, ein abstraktes Konstrukt: das Zweite Autonomiestatut, das im Jahr 1972 in Kraft getreten ist. Mit diesem wird eine Vielzahl von Bereichen geregelt. Durch diese Vielfalt entsteht kein klares Bild der Autonomie, deren Konturen sind unscharf.

Zudem: die Geschichte Südtirols im 20. Jahrhundert, der Weg hin zum Autonomiestatut von 1972 und der Streitbeilegung im Jahr 1992, also der formellen Beendigung des vor der UNO aufgeworfenen Südtirol-Streits, ist lang und bewegt. Man denke nur an die Bombenattentate oder an die Großkundgebung auf Schloss Sigmundskron 1957.

Der Beweggrund hinter dem Autonomiestatut war jedoch nicht jener, ein möglichst komplexes rechtliches Konstrukt zu schaffen. Der Antrieb der Akteure der bewegten Autonomie-Geschichte war es ebenso wenig, eine möglichst lange und schwierige Historie zu schreiben. Das Ziel, der Sinn dahinter, war ein anderer.

 

Der Konflikt zwischendeutscher und italienischer Kultur

Ein kurzer Rückblick in die Geschichte: nach demErsten Weltkrieg, im Jahr 1919, kommt Südtirol zu Italien. 1946 wird das Gruber-Degasperi-Abkommen unterzeichnet. Es bildet die Grundlage für die Südtirol-Autonomie. 1972 tritt schließlich das Zweite Autonomiestatut in Kraft.

Diesem Ganzen liegt ein Konflikt zugrunde: ein Konflikt, der darauf zurückzuführen ist, dass Südtirol Teil von Italien wurde, der Konflikt zwischen der deutschen Kultur und der italienischen Kultur, zwischen der deutschsprachigen Bevölkerung und der italienischsprachigen Bevölkerung. Aus diesem Konflikt heraus ist die Autonomie entstanden. Dieser Konflikt hat zu einem Friedensprojekt geführt: das Friedensprojekt „Autonomie“.

Auch heute sind diese Spannungen in Südtirol, zwischen der deutschen und der italienischen Lebenswelt, wohl noch immer nicht gänzlich gelöst. Immer wieder mal treten diese Kontroversen bzw. Facetten davon zu Tage. Dennoch: die Autonomie war und ist ein Lösungsmodell, um mit diesen Auseinandersetzungen umzugehen, ihnen die Schärfe zu nehmen.

 

Konflikte, damit Neues entstehen kann

Konflikte, Streit und Spannungen gehören zum Menschen wohl dazu: sei es die innerpersönlichen (z. B. bei Entscheidungen), die zwischenmenschlichen (z. B. Scheidungen), die innergesellschaftlichen (z. B. Impfbefürworter –Impfgegner) oder ebenjene zwischen den Nationen (z. B. Kriege).Vielleicht haben Konflikte sogar zu Unrecht ein negatives Image. Vielleicht braucht es eben oft auch Konflikte, damit Neues entstehen kann: wie das Friedensprojekt der Südtiroler Autonomie.

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